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Warum lobbyiert die weltweite Patentindustrie für einen neuen europäischen Patentvertrag?

Seit dem 'Scheitern' der Softwarepatentrichtlinie 2005 hat die Patentindustrie mit aller Kraft für neue Lösungen zur Einführung von Softwarepatenten lobbyiert. Wer sind diese Leute, und warum glauben sie, dass EPLA ein Schlüsselprojekt für Softwarepatente ist?

Die Weltpatentindustrie

Die Weltpatentindustrie ist ein einträgliches Koglomerat von Dienstleistern, die ihr Geld mit der Suche, dem Schreiben, dem Prüfen, dem Gewähren, dem Lizenzieren und dem Durchsetzen von Patenten verdienen.

Die Patentindustrie in Europa besteht aus:

  • Den nationalstaatlichen Patentämtern
  • Der Europäischen Patentorganisation
  • Freie Patentexperten und -anwälte.
  • Patentjustiziare die den gewerbliche Rechtschutz für große Firmen betreuen.
  • Patent-haltende Spezialfirmen (auch 'Patenttrolle' genannt).

wie jeder andere Geschäftszweig ist die Patentindustrie von Gewinnerzielungsabsichten bestimmt. Die Patentindustrie hat ein Monopol über das Patentgeschäft. Beispielsweise gibt es keine privatwirtschaftlichen Patentprüfer, so dass die Patentprüfung sehr teuer und der Prüfungsprozess sehr ineffizient ist. Je geringer der Wettbewerb, desto höher die Kostenbelastung: das EPA nimmt ein Mehrfaches für die Patentprüfung als ein typisches nationalstaatliches Patentamt.

Das 'Scheitern' der Softwarepatentrichtlinie

Im Jahr 2005 hat der FFII dem Europaparlament geholfen die Softwarepatentrichtlinie zu begraben. Noch immer ist die Patentindustrie traumatisiert durch das, was sie als "die längste Lobbykampagne in der Geschichte des Parlamentes“ bezeichnet. Sie hat neue Wege zum rechtsicheren Softwarepatent gesucht und verschiedene Alternativen untersucht:

  • Ein Gemeinschaftspatentsystem
  • Harmonisierung über Handelsabkommen (TRIPS+)
  • Harmonisierung über das European Patentübereinkommen

Das European Patent Litigation Agreement (EPLA)

Das European Patent Litigation Agreement (EPLA) ist ein Entwurf für ein neues europäisches Patentstreitregelungssystem, das als eine 'Lösung der Probleme' des derzeitigen Europäischen Patentsystems betrachtet wird, das hauptsächlich in drei Bereichen Schwachstellen gezeigt hat:

  1. Der Aufstieg der EU hat neue Modelle für die Zusammenarbeit zwischen Staaten geschaffen und das neue Modell verträgt sich nicht sehr gut mit dem alten Modell des Europäischen Patentübereinkommens, das auch zwischen Staaten geschlossen wurde, die nicht EU-Mitglied sind, und aus dem die Europäische Patentorganisation (EPO.org) und das Europäische Patentamt (EPA) erwuchsen
  2. Unter dem Druck der Patentindustrie hat das Patentsystem seine Standards abgesenkt, so dass mehr Patente gewährt werden können. Das betrifft vor allem Felder wie Software, die als nicht patentierbar galten, als das EPÜ unterzeichnet wurde, denn sie waren ja schon durch Urheberrecht geschützt.
  3. Patente werdem immer noch in nationalen Patentgerichten verhandelt, welche sich etwas stärker an die EPÜ-Ausschlüsse des patentfähigen Anspruchsgegenstände gehalten haben. Das ist deshalb insbesondere wichtig, weil im Softwarebereich nationale Gerichte oft Patente ablehnen, die von der EPO gewährt und von den EPO-eigenen Technischen Beschwerdekammern aufrecht erhalten werden.

Diese drei Problemfelder haben bemerkenswertes Konfliktpotenzial im Patentsystem erzeugt: die Patentindustrie gewinnt zwar immer mehr Macht, aber sie findet es schwieriger ihre Macht auszuüben als z.B. in den USA, in der eine klagewütige und ungebremste Patentindustrie sich neue Bereiche erschlossen hat , insbesondere Biotechnologie, Pharma und Datenverarbeitung.

EPLA sieht folgendes vor:

  1. Nationalstaatliche Gerichte verlieren ihre Macht, über Patente zu befinden
  2. Ein neuer Europäischer Patentgerichtshof wird geschaffen, mit Richtern, die von der EPO.org ernannt werden und möglicherweise aus der EPO kommen. Eingeschlossen sind Richter der Beschwerdekammern, die als Hauptgrund für die Landnahmen im Bereich der patentfähigen Anspruchsgegenstände kritisiert wurden
  3. Damit dies mit EU-Recht funktioniert, wird die EU ein Unterzeichner des EPÜ.
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